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Der erste Eindruck


Wie viele Chancen haben Sie für den ersten Eindruck?

Endlich hatte sie oder er zugesagt. Das erste Date. Ins Kino, oder die Eisdiele, oder vielleicht einfach nur spazieren gehen? Händchenhalten war das angestrebte Ziel, vielleicht käme es sogar zum ersten Kuss. Erinnern Sie sich, wie Sie sich vorbereitet haben? Wie Sie Tage vorher schon überlegt haben, was Sie anziehen werden, bloss um es am nächsten Tag wieder zu verwerfen? Wie Sie jeden Augenblick geplant haben, dem Zufall keine Chance lassen wollten? Und wie Sie dann doppelt, oder dreimal soviel Zeit im Bad brauchten, als sonst? Die Haare, jede Hautunreinheit, Zähne, Atem, Achseln, einfach alles wurde geputzt, kaschiert, deodoriert, parfümiert. Wieder und wieder. Ihnen war die Bedeutung des ersten Eindruckes klar. Schon damals wussten Sie: Der erste Eindruck ist entscheidend. Eine zweite Chance kriegen Sie nicht. Es heißt: Hopp oder top.

Viele Jahre später, ich bin junger Schauspieler in Zürich am Schauspielhaus. Generalprobe zu „Romeo und Julia“. Ich stehe auf der Seitenbühne und warte auf meinen Auftritt. Neben mir steht eine ältere, sehr bekannte Kollegin, sie spielt die Rolle der Amme. Mir fällt auf, dass sie sehr nervös ist. Das erstaunte mich, denn sie war eine „alte Häsin“, schon als Kind hatte ich sie in vielen Fernsehfilmen gesehen. Sie hatte es wirklich schon „geschafft“, wenn jemand nicht mehr nervös sein musste, dann sie.

Nach der komplett misslungenen Generalprobe – im Glauben der Theaterleute Garant für eine erfolgreiche Premiere – spreche ich sie auf meine Beobachtung an. Nein, Lampenfieber hat sie keins, damit hat sie schon vor Jahren einfach aufgehört. Aber sie hat grossen Respekt vor der Premiere. Sicher, das Stück wird 50 bis 100 Vorstellungen erleben und so kann etwas, das bei der einen Vorstellung vielleicht schief gegangen ist bei der nächsten korrigiert werden. Doch eine Premiere sei etwas besonderes. Nur in der Premiere sitzen alle Kritiker, nur in der Premiere ist das Fernsehen anwesend, nur die Premiere entscheidet, wie das Stück in der Öffentlichkeit besprochen und beurteilt wird. Dieser erste Eindruck entscheidet über das Weh und Wohl der Inszenierung, über die Zukunft der mehrmonatigen Arbeit der Schauspieler, des Regisseurs, der Bühnen- Masken- und Kostümbildner, Dramaturgen, Komponisten und des namenlosen Heeres der Bühnenarbeiter. „Morgen stehen wir auf der Bühne und stellen die harte und lange Arbeit von vielen Menschen vor. Es ist diese Verantwortung, die ich spüre und ich weiss, dass ich dafür keine zweite Chance kriege.“

Auch ich habe vor vielen Jahren schon beschlossen, kein Lampenfieber mehr zu haben, denn es machte mich klein und dumm und beraubte mich meiner Freiheit und meiner Möglichkeiten zu gestalten. Doch den Respekt vor der Premiere, vor dem ersten Eindruck habe ich mir erhalten. Es ist dieses Kribbeln im Bauch, dieser Wunsch, es möge jetzt gleich losgehen. Vor jeder Premiere, vor jedem Seminar, vor jedem Coaching.


Bei Business Präsentationen entscheidet oft der erste Eindruck über die Zukunft eines Produktes, in das im Vorfeld schon sehr viel Zeit, Geld und Arbeit geflossen ist.


Eindrücklich lässt sich das an der Geschichte des australischen Arztes Barry Marshall erkennen. 1983 konnte er auf dem internationalen Ärztekongress in Brüssel mit einer sensationellen Neuigkeit aufwarten: Er hatte entdeckt, dass Magenentzündungen durch Bakterien verursacht werden und nicht wie bisher angenommen durch Stress. Bis dahin galt die Magenentzündung als schwer zu behandeln, weil man psychische Ursachen vermutete. Doch Dr. Marshall lieferte eine einfache Lösung: Mit Antibiotika war der schmerzhaften Entzündung in kürzester Zeit beizukommen. Millionen Menschen würden schnell und effektiv von ihren Schmerzen befreit werden. Der junge Arzt warf sich mit solch missionarischem Eifer ins Gefecht und stiess damit seine Zuhörer dermassen vor den Kopf, dass man nicht bereit war, ihm und seiner Entdeckung die Anerkennung zukommen zu lassen, die ihnen eigentlich zugestanden hätte. Wegen Mangels an Beweismaterial wurde seine These unisono abgelehnt. Berühmtheit erlangte er unter seinen Kollegen lediglich wegen seiner „mangelnden Bescheidenheit“.

Marshall entschloss sich, einen überzeugenden Beweise zu liefern. Vor Zeugen schluckte er eine mit Bakterien versetzte Flüssigkeit, bekam eine Magenentzündung, nahm Antibiotika – und wurde gesund. Das war der geforderte Beweis. Der erste Eindruck jedoch hatte seinem Ruf bleibenden Schaden zugefügt. Wegen seines missglückten Auftritts dauerte es zehn Jahre, bis die von ihm empfohlene Therapie weltweit akzeptiert wurde. Und erst weitere zehn Jahre später, im Jahr 2005, erhielt er den verdienten Lohn für seine Entdeckung: den Nobelpreis für Medizin.

Den ersten Eindruck können Sie nur sehr schwer korrigieren.

Setzen Sie Ihren Erfolg nicht leichtfertig aufs Spiel. Wenn Sie unsicher sind, wie Sie wirken, wenn Sie nicht wissen, wie Sie Ihre Zuhörer für sich gewinnen können, lassen Sie sich beraten. Suchen Sie den Rat und die Unterstützung von Fachleuten für Kommunikation und Präsentation.

Schliesslich wollen Sie nicht zwanzig Jahre auf den verdienten Erfolg warten. Oder?

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